Farbratten Rassen

 

Ziemlich häufig taucht die Frage nach Rasseratten auf oder warum es keine Rassen bei Ratten gibt. Um das zu beantworten, beschäftige Ich mich zunächst damit, was eine Rasse überhaupt ist.

 

 

Eine Rasse lässt sich aufgrund von optischen Merkmalen, Eigenschaften als Nutztier oder dem Verhalten von anderen Individuen derselben Art abgrenzen und vererbt diese Merkmale auch. Das heißt, die Individuen einer Rasse unterscheiden sich im Geno- und im Phänotyp von den restlichen Individuen derselben Art.

 

Diese Definition setzt voraus, dass Rassetiere reinerbig sind.

 

 

In der Rassezucht bedarf es zunächst einer Rassedefinition, die den genauen Typ, dem die Rasse entsprechen soll, zu beschreiben. Diese Rassedefinition könnte man mit unseren Zuchtzielen gleichsetzen, so weit sie denn umfangreich formuliert wurden.

 

Im zweiten Schritt wird dann ein Zuchtprogramm erstellt. In der Hundezucht z.B. ist genau festgelegt, wie viele blutsfremde Tiere hierfür eingesetzt werden müssen. So ein Zuchtprogramm läuft bei Hunden etwa 20 Jahre, angepasst an den Fortpflanzungsrhythmus der Farbratte gehe Ich von einem Zuchtprogramm über 5 Jahre aus. Würde bedeuten, nachdem das Zuchtziel ausführlich beschrieben wurde, wird basierend auf z.B. acht Ausgangstiere eine Zuchtplanung für fünf Jahre (10 Generationen) geschrieben. Nach dieser Zeit kann in der Hundezucht ein Antrag auf endgültige Anerkennung der Rasse beim Zuchtverein gestellt werden. Hier wird es in der Rattenzucht schon schwierig. Ist kein Zuchtverein vorhanden, kann auch kein Antrag gestellt werden. Wäre aber jetzt auch nicht weiter schlimm, wir haben ja noch fünf Jahre Zeit, einen zu gründen. Entscheidet der Zuchtverein positiv über die neue Rasse, dafür muss sie sich eindeutig von anderen Rassen unterscheiden, werden bei Hunden etwa 60 Tiere der Rasse beurteilt. Für die Ratten würde das bedeuten, dass hier mehrere Züchter über einen längeren Zeitraum an exakt dem selben Zuchtziel arbeiten. In den nächsten 10 Jahren müssen die neuen Rassehunde laufend ausgestellt und gerichtet werden, bevor die endgültige Anerkennung der Rasse erfolgt. Eindeutig bräuchten wir hierfür mehr vom Rassezuchtverein organisierte Ausstellungen, um eine Rattenrasse überhaupt offiziell anerkennen zu lassen.

 

 

Mal abgesehen von dem Problem der Anerkennung haben wir aber ein weiteres Problem, die Reinerbigkeit.

 

 

Nur so zum Spaß versuchen wir einmal, unsere Farbratten in Rassen zu unterteilen.

 

Mein erster Ansatz dabei ist eine Unterteilung nach Größen:

 

Wir unterscheiden in Groß-, Mittel- und Kleinratten. Großratten haben ein Mindestgewicht von 600 Gramm (beide Geschlechter), Mittelratten liegen zwischen 400 und 600 Gramm, Kleinratten zwischen 200 und 400 Gramm. Nun dürften nur Ratten miteinander verpaart werden, die in derselben Gewichtsklasse stehen, ansonsten würden Mischlinge entstehen. Sowohl die Verpaarungen als auch die Wurfergebnisse müssten ganz eindeutig der jeweiligen Rasse zugeordnet werden. Eine Ratte, die 500 Gramm wiegt, deren Mutter aber nur 300 Gramm wog ist demnach genauso ein Mischling wie das Muttertier, da das Muttertier ja rasseunspezifische Eigenschaften vererbt hat. Mir erscheint die Einteilung in Größen für die Erschaffung von Rattenrassen ungeeignet. Bedenkt man nun noch die Zwergratten (Dwarfratten), die durchaus über Träger gezogen werden, dann ist diese Einteilung hinfällig.

 

 

Zweiter Versuch, wir teilen nach Körperformen auf.

 

Hier fällt uns natürlich als erstes die Dumboratte ein. Die Vergangenheit hat uns allerdings gelehrt, dass reine Dumboverpaarungen über Generationen zu massiven Schädigungen führen können, somit ist auch diese Einteilung hinfällig.

 

 

Dritter Versuch, wir teilen nach Fellformen ein.

 

Tja, soll Ich anfangen mit den Rexen, die reinerbig gezogen keine Rexe sondern Doppelrexe sind oder beginne Ich mit den Harleys, die zumeist über Träger gezogen werden? Fuzzratten sind meiner Ansicht die einzigen, die sich rasserein züchten lassen würden, Rex und Velveteen ergeben reinerbig neue Fellformen und somit ist auch diese Einteilung gescheitert.

 

 

Vierter Versuch, wir teilen die Farbratten nach Farben ein.

 

Klingt super, funktioniert auch super, mit den meisten Farben. Rezessive Farben reinerbig zu ziehen, finde Ich ein gutes Zuchtziel und ein realistisches, wenn die Kunst der Linienzucht und der Selektion beherrscht wird. Also unterscheiden wir unsere Farbratten doch in Farbformen, aber was ist mit den dominanten Farben? Nehmen wir z.B. Pearl. Pearl kann nicht reinerbig gezogen werden, da es homozygot letal ist, das heißt, es gibt keine reinerbigen Pearls und es wird auch keine geben. Eingeteilt nach Farben, müssten dann die Shades weitere Rassen bilden. Für Burmesen entsteht dasselbe Problem, wie bereits oben erwähnt bei den Rexen. Auch Himalaya lässt sich nicht reinerbig ziehen, da es eine Kombination aus Siam und Albino ist und zwei miteinander verpaarte Himalaya auch immer Siam und Albino werfen würden. So scheint auch diese Einteilung gescheitert zu sein.

 

 

Letzter Versuch, Einteilung nach Zeichnungen. Um das ganze abzukürzen, schreibe Ich gleich, warum auch das nicht geht. Berkshire ist die Kombination aus Self und Hooded und somit ist es auch nicht möglich, Berkshire reinerbig zu ziehen.

 

Somit sind alle Versuche, unsere Farbratten in Rassen einzuteilen, gescheitert.

 

 

Bleibt die Frage, ob die Laborratten als Rassen gelten können. Sie unterscheiden sich von anderen Farbratten sowohl phäno- als auch genotypisch. Aber leider sind Wistar und Co geschützte Marken mit Copyright. Das heißt, wird außerhalb eines Labores ein Tier aus reiner Wistarverpaarung geboren, dann darf es nicht Wistar gennant werden. Warum? Weil die "Marke Wistar" geschützt ist  und der Züchter läuft dann sogar Gefahr, sich der Produktpiraterie strafbar zu machen.  Dasselbe gilt auch für alle anderen Laborstämme.

 

 

Also fasse Ich zusammen, weder lassen sich unsere Farbratten eindeutig verschiedenen Rassen zuordnen, noch ist eine offizielle Stelle vorhanden, die eventuelle Rassen anerkennen könnte. Warum also belassen wir es nicht einfach bei Farbratten in unterschiedlichen Farb-, Fell- und Körpervarianten?